Wie immer viel ein sanfter Regen durch die Laubkrone des Silberwaldes während sich eine Kapuzengestalt ihren Weg durch die Dunkelheit bahnte, den schmalen Pfad vor ihr nur durch das Licht einer kleinen Öllaterne erhellt die sie in der linken Hand hielt. Zielstrebig steuerte die Gestalt auf die Ruinen eines kleinen Gehöftes zu welches tief im Wald verborgen lag. Als sie dem Gehöft näher kam begann die Luft und die Gestalt herum zu flackern und zu knistern. Das Knistern wurde stärker als die Gestalt immer weiter auf die unsichtbare Kuppel zu ging welche die Ruinen umschirmte. Und dann als sie die Kuppel berührte und hindurch schritt war es von jetzt auf gleich verschwunden.
Dumpf prasselte der Regen wie bei einer Glasscheibe gegen die magische Kuppel, die hier drinnen von der Außenwelt schützte. Oder die Außenwelt vor hier drinnen? Die Gestalt schob die Kapuze zurück und das Licht der Laterne erhellte die Züge einer augenscheinlich jungen Vampirin. Doch alle ihres Volkes behielten dieses Aussehen eines jungen erwachsenen über Jahrhunderte bei. Lediglich den ältesten unter dem Volk der Vampire war ihr alter annähern anzusehen. Anders als die anmutigen teils kalten Züge einer Elbin hatte das Gesicht der Vampirin jedoch einen warmen trauernden Ausdruck.
Mit einem nachdenklichen fast müde wirkenden Lächeln horche sie in die Stille des Orts. Und bald schon antwortete der Ort ihr mit dem Weinen und Schluchzen von Kinderstimmen. Lynranan die Prinzessin der Vampire hat es sich zur persönlichen Aufgabe gemacht über diesen Ort zu wachen an dem so grausames vor Äonen geschehen war. Nie wieder sollte der Gleichen unter ihrer Führung in dem Volk der Vampire oder generell in der Omega World stattfinden. Doch etwas rührte sich in den Zonen der Vampire und das versprach nichts Gutes.
In letzter Zeit waren sowohl in dem Silberwald, als auch in den dem Wald anliegenden Höhlen und dem nahen Grenzland zum eisigen Kliff, immer mehr ruhelos Geister und Seelen gesichtet worden. Besonders in den Totensümpfen hinter dem Höhlensystem berichteten immer mehr Späher, Söldner und Abenteurer davon Erscheinungen gesehen zu haben die über die üblichen Irrlichter hinaus gingen. Einige hatten sogar behauptet sie wären dem kopflosen Reiter persönlich begegnet.
Was auch immer an den Erzählungen dran war, eines stand für Lynranan fest: Die Omega World schrie nach Hilfe. Überall zeigen sich plötzlich Kulte und Bündnisse entstanden die scheinbar davon besessen waren die Sünden in die Omega World zu holen. So auch die Nachfahren Carvers. So nannten sich die abtrünnigen des Vampir Volkes welche hinter den Totensümpfen ihr Domizil besaßen. Ursprünglich aus der Verbannung ihres Ahnherren oder „Vorbildes“ heraus hatten sich einige der Vampire dort angesiedelt und inzwischen eine neue Gemeinschaft aufgebaut. Und jetzt berichteten Späher davon, dass die Verbannten aktiver waren als sonst. Sie beschworen Lichs und schienen eine Armee aufzubauen. Das gleiche wurde über die Hexe im Nachtschattenwald der Menschen behauptet. Ob die Dämonen der Schattenebene dahintersteckten?
Was auch immer der Fall war Lynranan durfte nicht zulassen, dass diese Irren den Frevel oder ähnliche Gräueltaten wiederholen, die Carver der Schüler Cangrimans einst begangen hatte. Ausgerechnet der Schüler Cangrimans welcher sein Leben gegeben hatte, um die ersten Cerneen zu beschwören und damals noch die Alpha World von dem Untergang durch die Sünden zu retten.
Vielleicht wussten die Drachen rat. Doch nur von wenigen war ihr Aufenthaltsort bekannt. Einer dieser wenigen lebte jedoch in den Fjorden auf der anderen Seite des Kristallplateaus in den Zonen der Vampire. Unter gewöhnlichen Umständen hätte Lynranan mit den Gates reisen können doch da die Tore ihren Dienst verweigerten würde die Vampirin die Spiegelebene des Plateaus durchqueren müssen was äußerst gefährlich war. Nicht wenige waren dort von ihrem Weg abgekommen und sind nie wieder zurückgekehrt. Aber sie durfte nichts unversucht lassen um ihr versprechen an die Toten zu halten. Gleich Morgen würde sie sich auf den Weg machen…